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Waschbetonburg

Letzte Woche wurde bekannt, dass das «mittlere» Waldhaus Dolder am Zürcher Adlisberg noch eine Weile stehen bleiben wird. Sein Nachfolger – geplant von Meili, Peter & Partner Architekten – ist durch einen Rekurs blockiert. Es bleibt Gelegenheit, den schlafenden Zeitzeugen hoch über Zürich zu umwandern.

 

Autor: Manuel Pestalozzi – 20.2.2017

 

Das erste Hotel Waldhaus entstand in der Gründerzeit. Architekt war der Heimatstil-Spezialist Jacques Gros. Eine Standseilbahn verband das mit Türmchen versehene Hotel und Ausflugsrestaurant mit der Strassenbahn im Stadtteil Hottingen. Eine separate Tramlinie führte bald darauf weiter bergan zum Kurhaus, ebenfalls von Gros entworfen. Es ist heute, nach Ergänzungen durch Foster and Partners, als Dolder Grand bekannt. Standseilbahn und Tram wurden wiederum 1973 durch eine Zahnradbahn ersetzt. 

 

Geschichte einer verachteten Waschbetonburg
1972 fand die Sprengung des ersten Waldhauses statt – für Heimatschutzkreise ein Fanal. Nur wenige Jahre später setzte sich die Einsicht durch, das historische Bausubstanz einen Wert darstellt. Dessen Ersatzneubau wurde im Januar 1975 eingeweiht. Die Bevölkerung schloss ihn nie wirklich ins Herz – grau und gross, wie er ist. Ausserdem entstand er mitten in der schwersten wirtschaftlichen Rezession der Nachkriegszeit. Deshalb wurden grosse Teile der geplanten Hotelzimmer noch in der Planungsphase in Apartments für längere Aufenthalte umgewandelt.
Robert Briner und Herbert Wirth entwarfen zuerst ein horizontal ausgerichtetes, fünfgeschossiges Volumen. Im Baukollegium der Stadt Zürich fand es keine Gnade. Es schlug daher als zweit Lösung vor, das Raumprogramm auf zwei Hochbauten zu verteilen, wie es dann auch geschah: Die gestaffelte Fassade mit ihren kleinen Eckbalkonen gliedert die mit Waschbetonplatten verkleideten Volumen und versucht, ihnen mit diesem dezenten Rhythmus die Wucht zu nehmen. Betrachtet man sie heute in ihrem eingewachsenen Zustand von der Talseite, erkennt man das ernsthafte Bemühen der Architekten, dem Wald ein Haus gegenüberzustellen, dass trotz seiner Grösse diskret und dem Ort angemessen ist. Die Station der Zahnradbahn in den Gesamtkomplex ist gelungen. Man mag ihr gar skulpturale Qualitäten abgewinnen.

 

Zweiter Ersatzneubau in der Pipeline
2011 gewann das Architekturbüro Meili, Peter & Partner Architekten AG den Wettbewerb für den zweiten Waldhaus-Ersatzneubau. Sein Entwurf sieht einen geschwungenen horizontalen Riegel à la Edificio Copan von Oscar Niemeyer vor. Eine Lösung, die in den 1970er-Jahren von der Stadt abgelehnt worden wäre. Es soll – im Gegensatz zum Dolder Grand «nur» ein vier Sterne superior Hotel mit Restaurant, Wellness- und Spabereich sowie eine öffentliche Aussichtsplattform beherbergen. Die eigenständige Villa Waldhaus rundet das Angebot mit vier Mietwohnungen ab. Die Dolderbahn kutschiert die Hotelgäste und Ausflügler neu direkt bis unters ausladende Vordach. Hier soll sich ihnen zukünftig ein grossartiger Blick über die Stadt und den Zürichsee eröffnen.
Der Gestaltungsplan und die Baubewilligung ist schon vor einiger Zeit erteilt worden. Doch aufgrund des eingangs erwähnten Rekurses eines Privaten ist nicht vor Frühling 2018 mit dem Baubeginn zu rechnen. Das «mittlere Waldhaus» erhält somit einen Aufschub, weshalb die Bauherrschaft nach möglichen Zwischennutzungen sucht. Währenddessen kann man auf einem Spaziergang dem Zeitgeist einer noch nicht so weit zurückliegenden Vergangenheit nachspüren.

 

 

> Für archithese 1.2017 Swiss Performance 2017 hat sich Manuel Pestalozzi auf den Weg zur neuen Schule Campus Moos in Rüschlikon vom Büro E2A gemacht. In seinem Essay legt er dar, wie Architektur auch Disziplin, Eingliederungsbereitschaft und Durchhaltewillen vermitteln kann.

 

> In archithese 1.2016 Swiss Performance, nimmt Ursula Baus die Erweiterung des Sprengelmuseums in Hannover – ein anthrazitfarbener reliefierter Betonquader von Marcel Meili und Markus Peter – unter die Lupe.

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