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Die Relevanz der Geschichte

Angela Deuber zeigt an der 2. Architekturbiennale in Chicago ein fragmentarisches Modell des grossen Hypostyls von Karnak. Sie erklärt, wie das Modell den Gedanken hinter der Architektur sichtbar macht und, dass die architektonische Vergangenheit relevant für die Gegenwart ist.

 

Text: Angela Deuber – 23.9.2017

 

Was stellen Sie in Chicago aus?

Wir stellen ein fragmentarisches Modell des grossen Hypostyls von Karnak aus. Es repräsentiert den Gedanken des Bauwerkes. Auch wenn die Halle nach oben geschlossen war: Die Ägypter haben sie nicht als einen abgeschlossenen Innenraum aufgefasst, sondern verstanden den Raum zwischen den Säulen als direkt und ununterbrochen mit dem Himmel verbunden. Die Säulenhalle wurde mit 134 kolossalen Papyrussäulen so ausgefüllt, dass fast kein Innenraum entstehen kann. Auch ist beeindruckend, wie dieser Gedanke baulich umgesetzt wurde. An der tektonischen Behandlung der Säulen und der Deckenplatten ist ersichtlich, dass beim Erstellen des Dach der Säulenhalle an das «Himmelsdach» gedacht wurde. Deshalb ist in unserem Modell der Zwischenraum direkt mit dem Himmel verbunden, die Säulen tragen ihn unmittelbar.
Das Modell ist massiv und wurde aus Weisszement gegossen. Es ist 51 Zentimeter hoch, 7,6 breit und 7,8 tief. Der untere Teil misst 8 Millimeter im Durchmesser und ist 5 Zentimeter hoch. Der mittlere Teil ist 15,3 Zentimeter hoch und ein skalierter Abguss des Negativraums – das heisst des Zwischenraums – zwischen vier Säulen des Hypostyls. Der obere Teil ist 30,7 Zentimeter hoch, quadratisch und repräsentiert einen Teil des Himmels, des unendlichen Raums über dem Bauwerk. Das Modell wurde in einem Stück gegossen und bildet ein Ganzes.

 

Was hat Ihr Exponat mit dem Motto Make New History zu tun?

Wir wurden eingeladen, für den Ausstellungsraum «Horizontal City – Room of Plinths» ein Innenraumfoto eines kanonischen architektonischen Raumes aus einer beliebigen Zeit auszuwählen und diesen in einem Modell zu «reaktivieren». Mit dem Modell sollte dargestellt werden, was auf dem Foto nicht ersichtlich ist. Aus diesem Grund haben wir mit dem grossen Hypostyl in Karnak ein Bauwerk vom «Beginn der Architektur» (Siegfried Giedion) ausgewählt. Je früher etwas gebaut wurde, desto grösser ist sein Einfluss auf die Geschichte. Wir stellen mit dem Modell den nicht ersichtlichen Gedanken, welchen das Bauwerk in sich trägt, dar.

 

Wie steht dies im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit im Büro? 

Architektur sollte geistigen Halt bieten, das heisst: einen Gedanken ausdrücken können. Die Auseinandersetzung mit einem solchen Bauwerk ist eine Art Gespräch mit einem Seelenverwandten, das inspiriert. Wir können von einigen Städten oder Gebäuden lernen, egal aus welcher Epoche, Kultur oder Klimazone sie stammen. An der Chicago Architecture Biennial ist eine Vielfalt von Beiträgen zu sehen, die aufzeigen wie wir Historisches in unsere Zeit übertragen können.

 

> Mehr zur Relevanz der Architekturgeschichte für die Gegenwart lesen Sie in archithese 6.2015 Tradition I Adaption I Innovation.

> Uwe Schröder äussert sich in archithese 3.2017 Bri-Collagen zum Umgang mit historischen Konzepten in der Gegenwartsarchitektur und zum «Prinzip der Ähnlichkeit».

> Eine Besprechung von Angela Deubers Schulhaus in Thal finden Sie in archithese 2.2014 Bündnis.

Veranstaltung

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Job Floris spricht am 12. Okotber 2017 im Rahmen von archithese kontext im Architekturforum Zürich.

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