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Konstruktion und Inspiration

Caruso St John suchen eine Architektur, die eng im Dialog mit ihrer Umgebung steht. Dabei vermeiden sie bewusst aufsehenerregende Abstraktion, wie sie den Grossteil des globalen Architekturzirkus prägen. Diesem Trend versuchen sie mit Bauten entgegenzuwirken, deren emotionaler Gehalt sich langsam und unaufdringlich der Wahrnehmung erschliesst. Von grosser Bedeutung ist dabei die Arbeit mit Materialien und Details, um Raffinesse und Atmosphäre zu erzeugen. Bis zum 24. Juni 2017 zeigt die Architektur Galerie Berlin in der Ausstellung Construction and References eine Parade von Modellen, eine Fotoserie von Hélène Binet und Bilder von Referenzbauten, die Caruso St John inspiriert haben.

 

Text: Anne-Dorothée Herbort – 12.6.2017
Fotos: Jan Bitter

 

Modellstadt
Für ihre Ausstellung in der Architektur Galerie Berlin haben Adam Caruso und Peter St John ein dichtes Arrangement aus drei Elementen entworfen, die sowohl einzeln als auch zusammen gelesen werden können. In der Mitte des Raumes steht ein stadtähnliches Tableau mit fünf grossen Modellen, die zwar farbig, jedoch ohne dreidimensionale Details sind. Aus ihrem Kontext genommen, stellen sie beinahe selbständige architektonische Ideen dar. Ihre einfache, fast monumentale Gestalt ist weder offensichtlich skulptural noch neutral, sondern deutet ein «dazwischen» als Raum für atmosphärische Assoziationen an.
An zwei Wänden hängen grosse Farbfotografien von Hélène Binet, die seit Gründung des Büros alle Projekte von Caruso St John fotografiert hat. Der Raum ist scheinbar in einen grossen, smaragdgrünen Vorhang gehüllt. Erst auf den zweiten Blick entpuppt sich dieser als Tapete. Der Künstler Thomas Demand hat sie eigens für diese Ausstellung gestaltet. Darauf montiert wurde eine Auswahl an Referenzbildern, die Adam Caruso und Peter St John für die Entwürfe zu verschiedenen Wettbewerben inspiriert haben. Sie zeigen Orte, Kunstwerke und Architekturen der breiten Geschichte der westlichen Kultur: den Parthenon und die Tempel von Paestrum, Zeichnungen von Leon Battista Alberti und Interieurs von Adolf Loos.

 

Vielfältige Werkschau
Adam Caruso und Peter St John setzen sich feinfühlig mit historischen Bauformen auseinander und beziehen sich stark auf den spezifischen Kontext. Und doch ist ihre Architektur stets der Funktion geschuldet. 2016 würdigte die Jury des Stirling Preises ihre poetische Gegenüberstellung von Alt und Neu im Projekt der Newport Street Gallery, die auch in der Ausstellung in Berlin eine besondere Stellung einnimmt. Diese Kunstgalerie liegt im Industrieviertel Vauxhall, im Südwesten Londons. Das Projekt sticht in der Ausstellung besonders hervor, denn es wurde eigens für die Privatsammlung von Damien Hirst – der den Galeriebau in Auftrag gab – nachgebildet. Im Gegensatz zu manchen ihrer jüngeren Bauwerke ist hier der Bezug zur Architekturgeschichte besonders offensichtlich.

 

Die Ausstellung ist bis zum 24. Juni 2017 in der Architektur Galerie Berlin an der Karl-Marx-Allee 96 zu sehen.

 

> Gregory Grämiger hat Adam Caruso zu einem Gespräch getroffen und die Herangehensweise des Büros in einem Essay über die Newport Street Galery synthetisiert. Der Text ist im aktuellen Heft archithese 2. 2017 Neues Feingefühl erschienen.

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