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Die Gegenwart des Vergangenen

Lütjens Padmanabhan beschäftigen sich an der Architekturbiennale in Chicago mit dem Thema der Unmittelbarkeit und Gegenwärtigkeit innerhalb der Architektur. Michelangelo und Robert Venturi treten dabei in einen spannenden Dialog.

 

Text und Bilder: Oliver Lütjens und Thomas Padmanabhan – 27.10.2017

 

Was stellen Sie in Chicago aus?

Als Teil der Horizontal City stellen wir ein Modell des Lieb Beach House von Robert Venturi und John Rauch aus. Das Modell haben wir mit Depafit-Platten, Karton, Papier und Tintenstrahlprints gebaut. Der Massstab beträgt ungefähr 1:7,5. Die Fenster und Öffnungen stammen aus dem Repertoire von Michelangelo. Sie sind mit Abbildungen der Rückfassade von St. Peter in Rom und dem Vestibül der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz besetzt.

 

Was hat Ihr Exponat mit dem Motto Make New History zu tun?

Wir haben nie das Gefühl, dass die Architektur, die uns interessiert, in der Vergangenheit liegt. Was uns interessiert, das interessiert uns jetzt; auch wenn das Gebäude 500 Jahre alt oder noch viel älter ist. Wir sehen es jetzt, in unserer Gegenwart. Die Architekturgeschichte wollen wir nicht als Teil eines historischen, kollektiven Gedächtnisses ruhen lassen. Im Gegenteil – die Architektur von Michelangelo scheint uns heute noch genauso frisch und unmittelbar wie zu der Zeit als sie gebaut wurde. In der Arbeit von Venturi sehen wir das gleiche Gefühl. Wie er betrachten wir die Architektur als eine Sprache der Form. Eine Sprache, deren Mittel sich über die Jahre geändert haben, aber nicht deren Inhalt. Unsere Arbeit in Chicago thematisiert die Unmittelbarkeit und Gegenwärtigkeit innerhalb der Architektur.

 

Wie steht dies im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit im Büro?

In unserer Arbeit beschäftigt uns das Verhältnis zwischen den Mitteln der zeitgenössischen Baukonstruktion und den Möglichkeiten ihres architektonischen Ausdrucks. Wir erleben heute ein Verschwinden der Masse – die Auflösung des geschlossenen Baukörpers in eine Vielzahl von Schichten und deren Fügungen. In unserem spekulativen Zusammenfügen der Architektur von Venturi und Michelangelo haben wir eine aufregende Entdeckung gemacht: Die Plastizität Michelangelos arbeitet mit dem Vollen, dem Runden und dem Weichen, genauso wie mit dem scharf geschnitten Körper und der Kante. Die Körperlichkeit von Venturis Architektur besteht jedoch nur noch aus Flächen und Linien. Dass dies die Architektur von Venturi nicht untergehen lässt, sondern dass sie mit seiner eigenen Intensität neben der vollblütigen Architektur von Michelangelo bestehen kann, finden wir wunderbar und für unsere eigene Arbeit höchst motivierend!

 

Was nehmen Sie von der Chicago-Biennale für Ihre zukünftige Arbeit mit?

Neben vielen anderen Arbeiten hat uns die Kapelle von baukuh und Stefano Graziani besonders beeindruckt. Sie hat uns einmal mehr gezeigt, dass Architektur nicht nur Antworten formuliert, sondern vielmehr auch Fragen stellt. Oft sind die Antworten nur von vorübergehendem Interesse, während die Fragen und deren Inhalte einen langen Nachhall haben.

 

> In archithese 3.2017 Bri-Collagen erfahren Sie mehr über den Entwurfsansatz bei Lütjens Padmanabhan: Im Dialog mit dem Genfer Büro Made In sprechen Sie über die Strategien von Montage und Collage.

> Oliver Lütjens und Thomas Padmanabhan sprachen am 4. Oktober 2016 über die Aktualität der Postmoderne, zu der archithese ins S AM Schweizerische Architekturmuseum nach Basel eingeladen hatte. Die Aufzeichnung des Vortrags finden Sie auf unserem Blog.

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