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Back to the Future

Der Zeit ihre Vision. Oder: Von was träumt ein Architekt heute?
Zwei Ausstellung im S AM und DAM treten in einen Dialog.

 

 

Text: Anna Valentiny – 21.3.2016

 

Die Moderne vom Rhein zum Main

Aktuell stellen mit dem DAM in Frankfurt am Main und dem S AM in Basel gleich zwei grosse Häuser Architekturvisionen von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre aus.«This was tomorrow» und «Yesterday's Future» treten in einen Dialog, in den im Dezember auch archithese mit dem Heft «Science Fiction» eintreten wird. 

Das Schweizerische Architekturmuseum zeigt bis zum 8. Mai in «Spatial Positions 11. This was Tomorrow: Reinventing Architecture 1953-1978», in einer von Markus Lähteenmäki, Manuel Montenegro, Nicholas Olsberg  und in Absprache mit Hubertus Adam kuratierten Ausstellung eine Auswahl der Sammlung Drawing Matter. In ihr treffen sich handwerklich vielfältig ausformulierte Entwürfe einer neuen Welt.
In der Nachkriegszeit drängte die Wohnungsnot zum zügigen Wiederaufbau. Am Reissbrett der Architekten entstand jedoch weitaus mehr als die funktionalistische und effiziente Städte: «This was tomorrow» zeigt mit Visionen und Utopien gar gesellschaftliche Neuentwürfe. Zentrales Thema ist dabei auch die Suche nach neuen, zeitgemässen und angepassten Mitteln der Darstellung.

 

Graz unter Wasser und die bunte Lichtflut einer französischen Kapelle

Die über 250 ausgestellten Zeichnungen, Modelle und Drucke von Le Corbusier, Hans Hollein, Walter Pichler über Louis Kahn bis Buckminster Fuller werden in den drei Räumen des Museums ausgestellt, wobei sich der letzte Raum ausschliesslich mit den theoretischen Arbeiten und Entwürfen Aldo Rossis beschäftigt und dessen Unterrichten an der ETH Zürich im Laufe der 1970er-Jahre thematisiert.
Noch vor dem ästhetischen Wert der Ausstellungsobjekte sind es die Zukunftswünsche und auch die kritische Hinterfragung des eigenen Dogmas, die die Arbeiten auszeichnen: Neben einem Ausschnittsmodell der Südfassade von Corbusiers organisch brutalistischem Ronchamp, steht beispielsweise eine Collage des gefluteten Graz (1971), das Superstudio als symmetrische Stadt zu Florenz bestimmte und in der Tradition der Serie Salvages of Italian City Centers durch die banale Zerstörung von der Geissel ihrer Altstadt befreite, die die Stadt bis dato versklavte. Ausserdem wird eine Studie zum Continous Monument (1969) gezeigt: Das die Natur einnehmende, unendlich wachsende Grid.

 

Der Zeit ihre Vision

Das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt schliesst vom 14. Mai bis zum 28. Oktober mit «Zukunft von Gestern. Visionäre Entwürfe von Future Systems und Archigram» an die Ausstellung im S AM an. Dabei werden aus den 1980er-Jahren stammende Zeichnungen, Collagen und Modelle von Jan Kaplický, der 1979 in London, zusammen mit David Nixon das Architekturbüro Future Systems gründete, den 20 Jahre jüngeren Werken der Gruppe Archigram gegenübergestellt.
Die Protagonisten der utopischen Architektur unterscheiden sich in der Natur ihres Träumens: Während Archigram, noch immer berauscht von der Mondlandung, des nun unendlichen geöffneten Raums und des scheinbar unaufhaltsamen technischen Fortschritts, organische Gebilde fürs Überleben in unbekannten Welten auf entfernten Planeten entwarf, malten sich Future Systems, konfrontiert mit der omnipräsenten Realität des Kalten Krieges und von der Möglichkeit der totalen Auslöschung bedroht, technoide Strukturen aus, verankert in einer ursprünglichen, friedlichen, natürlichen Erde.

 

Nach dem Krieg zum Mond, nach Kuba und heute

In Basel und Frankfurt wird der Besucher mit Bildern konfrontiert: Skizzen, aufwändigen Collagen und Modellen die starke Konzepte und Ideologien hinter einer verführerischen Handwerklichkeit verbergen und Ausdruck vergangener Zukunfseuphorien oder Ängste sind. Beide Ausstellungen bieten dem Besucher Möglichkeiten zur Selbstreflexion und sollen eine politische Stellungnahme provozieren: Was fürchtet, was wünscht der Mensch 2016 und wie will der Architekt die Zukunft erträumen und visualisieren?

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