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Neues Feingefühl II

Zehn Architekturschaffende sprechen beim Pecha Kucha-Abend am 21. Juni 2017 im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich im Rahmen des Formates archithese kontext über je ein aktuelles Projekt.

 

Text: Elias Baumgarten – 16.5.2017
 

Von grosser Sensibilität und starkem Gestaltungswillen
Am Umbau eines ehemaligen Stalls in Obstalden lassen sich unsere Beobachtungen beispielhaft nachzeichnen: Die Architektin Lilitt Bollinger versuchte den alten Landwirtschaftsbau, welcher in den 1980er-Jahren wenig sensibel zum Ferienhaus umgestaltet wurde, ein Stück weit zurückzuverwandeln, doch nicht ohne zugleich mutige neue Akzente zu setzen: Der Stall erhielt seine Holzfassade zurück, die nun wieder Patina ansetzen darf. Wo einst die hohen Scheunentore aufschwangen, fängt nun ein grosses Fenster Licht ein. Lustvoll collagiert Bollinger Alt und Neu. Beide rangieren auf Augenhöhe, die unterschiedlichen Zeitschichten entfalten gleiche Kraft und verhalten sich sympathisch komplementär.

 

Flotte Worte, prägnante Bilder und starke Konzepte
Im Rahmen von archithese kontext rücken wir solche Projekte und Positionen nun erneut ins Rampenlicht: Im Rahmen des Pecha Kucha-Abends am 21. Juni 2017 im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich präsentieren zehn ausgesuchte Architekturbüros je einen Neubau mit einem knackigen Kurzvortrag. Wie schon im Vorjahr findet der Anlass unter dem Überthema «Neues Feingefühl» statt, denn wir wollen mit dem zweiten Anlass und dem Juni-Heft den Diskurs weiterspinnen. Die Ausgabe archithese 2.2017 Neues Feingefühl feiert im Landesmuseum zugleich Vernissage, die den Diskurs mit spannenden Projekten, Büroportraits und metathematischen Essays vorantreiben wird. Wir freuen uns, beim Apéro unsere Beobachtungen mit Teilnehmern und Gästen zu diskutieren. Sie sind herzlich eingeladen!

 

Neue Strömungen
Gemeinsame Intentionen in der zeitgenössischen Architektur identifizieren zu wollen, gleicht heute fast einem Vabanquespiel. Rasch gerät die Suche nach regionalen Gemeinsamkeiten oder gar «Schulen» in verallgemeinerndes Fahrwasser und erschöpft sich in der Beobachtung formaler Ähnlichkeiten. In Zeiten von Facebook, Instagram und Co. sind Gestalter längst international vernetzt und regionale Eigenheiten sind schwerer aufzuspüren als etwa noch vor zwei Dekaden. Darum haben derzeit vor allem Auslegeordnungen Konjunktur, welche die Deutungshoheit den Rezipienten zuschieben.
Dennoch – in den aktuellen Arbeiten junger Schweizer Büros zeigen sich auch thematische Verdichtungen und gemeinsame Intentionen. Daher lohnt es sich, diese Beobachtungen zu verbalisieren und so vielleicht eine mögliche neue Theoriebildung anzustossen.

 

Balanceakte
Während der Recherche zu archithese 1.2017 Swiss Performance sammelten sich über 200 spannende Projekte auf den Schreibtischen der Redaktion. Erfreulich viele stammten von jungen, aufstrebenden Büros. Und etliche überzeugten mit einem kraftvollen «sowohl-als-auch»: sie halten eine Balance zwischen einem sensiblen Umgang mit ihrem urbanen, suburbanen oder ländlichen Kontext einerseits und einer starken architektonische Setzung andererseits. Mag das im Schweizer Diskurs nicht genuin neu erscheinen, so fällt doch das besonders feine Austarieren von Rücksichtnahme und innovativen Formen auf. Vor dem Hintergrund, dass die Architekturszene über lange Jahre vom Dualismus zwischen einer autonomen Architektur und dem Kontextdiskurs geprägt wurde, scheinen nun mit dieser Mixtur aus Stärkung des Genius Loci, sensibler Einpassung und kraftvollen Geometrien beide Schulen zu einer neuen Synthese zu finden. Wir sehen unsere Beobachtung aus dem Vorjahr bestätigt, wonach ein Neues Feingefühl in der Schweizer Architekturszene Einzug gehalten hat. Die Arbeiten von Büros wie Freiluft, Marazzi Reinhardt, idA buehrer wuest architekten oder dem Gestalter Martin Bühler scheinen bezüglich Intention und Haltung keine Einzelfälle darzustellen, sondern Teil einer grösseren Entwicklung zu sein. 

 

 

Es sprechen:

> Lilitt Bollinger, lilitt bollinger studio, Basel

> Harry van der Meijs, raumfalter Architekten, Zürich

> Patrick Schmid, Schmid Schärer Architekten, Zürich

> Sebastian Holzhausen, Holzhausen Zweifel Architekten, Zürich

> Oliver Menzi, Menzi Bürgler Architekten, Zürich

> Gus Wüstemann, gus wüstemann architects, Zürich

> Philippe Jorisch, JOM Architekten, Zürich

> Roland Bernath, bernath+widmer, Zürich

> Ramon Arpagaus, Capaul & Blumenthal, Ilanz

> Armon Semadeni, Armon Semadeni Architekten, Zürich

 

 

Los geht es am 21. Juni 2017 um 17.30 Uhr mit Brötchen und gratis Getränlen im Willy G. S. Hirzel Auditorium im Erweiterungsbau des Landesmuseums (Museumstrasse 2 in Zürich). Der erste Vortrag beginnt um 18 Uhr.
Das Auditorium kann vom Ehrenhof aus betreten werden. Der Eintritt ist frei.
Die Vorträge werden gefilmt und später auf archithese.ch online gestellt.
 
Die Veranstaltung wird ermöglicht durch freundliche Unterstützung von Computerworks und Pro Helvetia

 

> Der letztjährige Pecha Kucha-Abend im Schweizerischen Architekturmuseum S AM kann filmisch nacherlebt werden.

> Lesen Sie einen Bericht zum Vorjahresevent im S AM.

> Über die Architektur des Schweizerischen Nationalmuseums von Emanuel Christ und Christoph Gantenbein schreibt Elias Baumgarten in archithese 1.2017 Swiss Performance.

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